Por una cabeza

Heute Morgen ist etwas sehr Seltsames passiert
Die Welt hat sich verdoppelt
Ich nahm die Dinge nicht mehr als reale Dinge wahr.
Die Welt hat sich verdoppelt
Clara Ysé, Le monde s’est dédoublé

In der Empfangshalle eines Superstores wartet ein Junge, der auf einem Stuhl sitzt. Regelmäßig übertönt eine Durchsage die Hintergrundgeräusche der Menschenmenge und fordert dazu auf, ihn abzuholen.

Die Wartezeit wird verlängert, vielleicht für einen Moment, vielleicht für ein ganzes Leben. Die Welt verdoppelt sich: Der Junge sieht sich selbst altern.

Wenn es ein ganzes Leben ist, auf das man warten muss, dann wird es das Leben des Tangueros "El Gran Federico" sein!

POR UNA CABEZA behandelt das Warten in seiner sinnlichen Dimension und stützt sich dabei auf eine weithin geteilte Erfahrung: die des Kindes, das darauf wartet, dass es abgeholt wird. Das Warten wird zum Schmelztiegel der Langeweile, aber auch der Projektionen und der kreativen Vorstellungskraft.

Die Inszenierung spielt mit dem Wechsel auf der Bühne zwischen zwei Tänzern, die sich ähneln, von denen der eine jedoch älter ist als der andere, und führt das Thema des Doppelgängers in seiner generationellen Dimension ein. Als ob der Junge sich selbst in eine unendliche Erwartung projizieren würde. Oder als ob der Ältere auf sein Leben zurückblicken würde.

Handelt es sich um zwei unterschiedliche Wesen? Ist der eine die Traumprojektion des anderen? Hier ist die Einführung des Doppelgängers in seiner physischen, fleischlichen Dimension mit der Präsenz dieser beiden Körper auf der Bühne genau das, was den Wechsel zwischen dem Realen und dem Fantastischen ermöglicht. Sie ermöglicht es, sowohl eine Unheimlichkeit hervorzurufen als auch deren komische Triebfedern auszunutzen.

Das Kurzstück POR UNA CABEZA ist Teil einer größeren Recherche über das Motiv des Doppelgängers, von der das abendfüllendes Stück INVENTAIRE im Februar 2022 aufgeführt wurde, sowie der Kurzfilm DOPPELGÄNGER (2021).

Laufzeit: 9 min.

Premiere: E-Werk Freiburg, 03. Juli 2021

Mitwirkende

Konzept, Choregrafie: Claire Pastier et Daniel Rakovsky

Performer: Kai Brügge, Fréderic Werlé

Sound: Daniel Rakovsky

Stimme: Montserrat Carles